Votum zu „2019.04 Interpellation betreffend Staatsislam“
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
geschätzte anwesende Damen und Herren
Vielen Dank an den Stadtrat für die Beantwortung der Interpellation.
Der Stadtrat erwähnt in seiner Antwort, dass es ihm bewusst ist, dass – ich zitiere – «das Phänomen des islamistischen Extremismus in der Bevölkerung zu Sorgen und Unbehagen führen kann». Es scheint, dass es dem Stadtrat selber auch etwas unbehaglich ist darüber zu sprechen, ich hoffe aber, dass er die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt!
Mit der Schliessung der immer wieder erwähnten An-Nur-Moschee hat sich gezeigt, dass leider hier in Winterthur inmitten unserer Stadt, wenige, aber umso radikalere Personen verkehrten – und vermutlich noch immer verkehren, die auch mit dem Aufruf zum Tod nicht zurückschrecken (vgl. dazu u.a. NZZ vom 01.10.2018, Schoop/Baumgartner, Behandlung Schliessung Moschee & Radikalisierung in Winterthur). Mir ist es bewusst, dass es nicht einfach ist radikale Strömung sofort zu erkennen, um diesen entschieden entgegentreten, trotzdem wünschte ich mir klarere Worte vom Stadtrat in seiner Antwort.
Sicherlich nützt es, wenn vermehrt mit sämtlichen involvierten Vereinen und Gruppierungen zusammengearbeitet wird und dabei unsere Grundwerte gemäss Verfassung klar und unmissverständlich übermittelt werden. Dabei müssen u.a. Themen wie Gleichbehandlung, Rechtsstaatlichkeit und der säkulare Staat klar kommuniziert werden – die Liste ist selbstverständlich nicht abschliessend. Abstriche auf diese Werte darf es nicht geben und alle verantwortlichen Personen müssen das m.E. auch klar zeigen.
In seiner Antwort vom 3. Juli 2019 erwähnt der Stadtrat weiter, dass «eine sehr kleine Gruppe von Winterthurer Musliminnen und Muslime verbleibe», welche fundamentalistisch oder islamistisch bezeichnet werden kann. Darunter muss dann noch unterschieden werden – gemäss Antwort vom SR, welche dieser Personen gewaltlose und welche gewalttätigen Ideologien vertreten. Genau die gleiche Antwort gab auch Frau Regierungsrätin Fehr in einem Interview in der WOZ vom 14. September 2017. Im Interview ging es um einen verbalen «Schlagabtausch» zwischen Frau RR Fehr und einem bekannten Schweizer Blogger mit marokkanischen Wurzeln, der die «Toleranz gegenüber Intoleranz» kritisierte & kritisiert (die Rede ist von Herrn Kacem El Ghazzali).
Ich werde den Anschein nicht los, als wolle man Radikalisierung etwas schönreden und auf eine unscheinbare Menge reduzieren. Ich finde gewaltbereite Menschen, gewaltbereite Fundamentalisten jeglicher Couleur dürfen weder verharmlost noch ignoriert werden. Es ist dieses Wegschauen, das dazu führt, dass am Ende Gewalt die Oberhand bekommt – was nicht sein darf.
Es fällt weiter auf, dass sowohl in der Antwort vom 3. Juli 2019, aber auch in den Antworten vom 25. Januar 2017 (vgl. Beantwortung schriftliche Anfrage 2016.119 von Marc Wäckerlin) und in der Beantwortung vom 12. April 2017 (vgl. Beantwortung Interpellation 2016.120) immer wieder die Schule in die Pflicht genommen wird. Die Schule soll im Fach «Religion und Kultur» das Zusammenleben der Menschen verschiedener Religionen und Kulturen behandeln. Sie muss durch das didaktische Repertoire eine konstruktive Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität ermöglichen oder sie – die Schule – soll das Urteilsvermögen fördern und die Schülerinnen und Schüler zu aufgeklärten, reflektierenden und kritisch denkenden Individuen erziehen – so steht das in den erwähnten Antworten. Die Schule ist sicher ein geeigneter Ort bei der Vermittlung dieser Werte – dass stelle ich nicht in Abrede, doch darf man nicht die ganze Verantwortung auf die Schule abschieben.
Wenn dem Stadtrat aufgrund übergeordnetem Recht oder aufgrund fehlender rechtlicher Kompetenzen die Hände für ein Eingreifen gebunden sind – so wie das in seiner Antwort immer wieder erwähnt wird – dann muss er umso stärker Rückhalt zeigen und unsere Werte ohne Wenn und Aber vermitteln – dies auch besonders zum Schutz der überwältigenden Mehrheit von Musliminnen und Muslimen, welche ihre Religion in einem säkularen Staat friedlich leben wollen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.